Expect the unexpectable.

Genf. Die Sonne scheint. Die Frisur sitzt. Die Haut schaelt sich. Aber das wird mit viel Creme kaschiert.

Der Tag war anders geplant. Zum Termin erwartete ich eine mittelalte Frau von mittelgrosser Statue mit mittelmaessigem Humor und Mittelscheitel. Ich ging also zum ersten Maedchen, dass ich nach Betreten des Unternehmens sah. Sie war allerdings nicht die attraktive junge Kaffeekocherin sondern mein Termin. Sie war wirklich schoen. Und schaetzungsweise geringfuegig juenger.

Nach der Firmenbesichtigung zogen wir uns in den Besprechungsraum zurueck. Es ging um Geld. Ich wollte es haben, sie nicht hergeben. Ein zaehes Ringen. Jeder verteidigte seine Position, die Argumente flogen durch den Raum, unterbrochen wurde dieses Feuerwerk nur von kleinen privaten Einsprenklern.

Das schoene: Bei aller Verhandlungshaerte - und wir waren beide harte Brocken fuer den jeweils anderen, denn sie hatte den Fehler gemacht, mir zu sagen, sie wuerde immer bekommen, was sie will - war immer auch ein Augenzwinkern im Raum. Wir spielten. Jeder hatte seine Rolle und jeder kannte die des anderen. Jeder sagte, was er zu sagen hatte und ploetzlich fielen Saetze, die in so eine Verhandlung nicht reinpassten. Wir teilten neben den Rollen naemlich auch einen ironischen Humor an der Grenze zum Zynismus. Und darueber hinaus. Es war ein koestlicher Schlagabtausch.

Wir fanden eine Einigung. Und dann bot sie mir an, mich in die Stadt zu fahren. Als wir auf dem Weg waren und der Verkehr vor uns durch die Strassen quoll, meinte sie, es waere sinnvoller, erst ihren Sohn abzuholen und mich dann am Hotel abzusetzen. Ich weiss nicht, ob das wirklich so war. Mir war es recht. Sie war meine letzte Verabredung.

Wir fuhren dann eine halbe Stunde aufs Land. Zu ihrer Mutter. Dort noch ein Plaeuschchen, ein Wasser, ein Pfirsich, dann ging es in die Stadt. Sie, ihr kleiner Sohn, der auf dem Weg zum Restaurant zielsicher nach meiner Hand griff, waehrend er ihre in der anderen hielt, und ich. Dann assen wir und danach irrten wir durch Genf auf der Suche nach dem Hotel.

Waehrend alledem plauderten wir ueber Gott, die Welt und viel Privates. Wir lachten viel und amuesierten uns. Und sie machte es mir leicht, nicht an andere Geschichten zu denken. Ihr Humor, ihr bezauberndes Lachen liessen voruebergehend vieles vergessen.

Ploetzlich war es dunkel und der Abend zu Ende. Ich glaube, wir wussten beide nicht, was jetzt die richtige Geste waere. Ihr beinahe schlafender Sohn auf ihrem Arm schraenkte die Moeglichkeiten allerdings ein. Es wurden ein Handschlag und ein gegenseitiges Dankeschoen.

Was bleibt, ist ein vollkommen verrueckter Tag, der so nicht zu erwarten war. Ich liebe solche Tage. Und wuenschte, ich wuerde ihr Franzoesisch verstehen oder sie mein Deutsch. Englisch ist eben nur der kleinste gemeinsame Nenner. Das wichtigste und gleichsam schoenste fuer den Augenblick aber ist das gerade auf meinem Gesicht befindliche uneingeschraenkte Laecheln, mit dem ich nunmehr vorhabe einzuschlafen.


00:22 Uhr von sebasLink6x mitgegeplaudertMitplaudern






 
Schön
Einfach schön.

Dann wünsch ich Dir mal viele lächelnde Träume für die Nacht. :-)

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Du bist ein verrückter Kerl! Ein Geschäftstermin! Dann sowas - unglaublich.

Und zu schön :o)

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Ja.
Hatte ich erwaehnt, dass ich zuvor meinen Preis durchgesetzt hatte. Mit nur einem kleinen Zugestaendnis. ;o)

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Die richtige Geste ist manchmal schwer. Und dann manchmal ganz leicht. Wenn man nicht zuviel darüber nachdenkt. Ein schöner Tag. Ich liebe es, wenn sie länger werden als geplant. Auf so eine Weise.

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Erlebnisse
Wow! Immer wieder gibt es wohl wirklich schöne Tage im Leben. Tage, an die man wohl noch lange denken wird.

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ha,
genf!
da wird das grinsen breiter als eine breitleinwand. schade nur, dass sie nicht französisch sprechen konnten; auch das eine wundervolle sprache.

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