Back home from Rome

Eine lange Geschichte. Ich versuche, mich auf die wichtigsten Fakten zu beschränken.

Prolog

Eigentlich... Ja, ein schönes Wort für den Einstieg. Eigentlich nämlich reise ich recht spontan. Lange Wochenenden in europäische Hauptstädte werden etwa vier bis sechs Wochen vor Abreise gebucht. Maximal.

Diesmal war es anders. Denn Air Berlin bot Flüge nach Rom für 29 Euro an. Da schlug mein Schnäppchen-Herz höher und ließ sich davon überzeugen, dass man für diesen Preis auch mal langfristiger buchen könne. Das war im Juni letzten Jahres. Auch da wusste ich schon, dass ich anlässlich meines Geburtstages im März wieder verreisen würde. Wie immer. Gedacht. Gebucht. Natürlich für zwei Personen.

Oft reise ich allein. Oder auch mit guten Freundinnen. Oder auch mit noch engeren Freundinnen. Ich war sicher, das würde sich finden. Selbst das Mädchen am anderen Ende der Buchungs-Hotline von Air Berlin hatte Lust mitzufliegen. Wir trafen uns nach der Buchung tatsächlich mal körperlich. Etwa viermal. Da war klar, dass sie in ihrer Gesamtheit leider nicht so schön war wie der Sex mit ihr und wir sicher nicht gemeinsam nach Rom fliegen würden.

Aber egal. Es gab genügend andere Kandidatinnen. Ihr Feld jedoch lichtete sich mit näher rückendem Termin. Plötzlich standen Diplomarbeiten, berufliche Verpflichtungen oder spontan eingegangene Liebesbeziehungen im Wege. Drei Wochen vor Abflug war noch immer niemand in Sicht.

Dann, an einem Sonntagnachmittag, schien alles perfekt. Die Schwester vom Freund der Mutter meiner Patenkinder hatte spontan Zeit und Lust, mich zu begleiten. Wir kennen uns, seit wir vor sieben Jahren mal ein bisschen telefoniert haben. Sie trug damals eine Zahnspange und ich einen peinlichen Zopf. Seitdem ist viel geschehen. Ohne aber, dass wie aneinander dachten oder voneinander wussten. Nun würden wir also fünf Tage in Rom verbringen.


Das Drama an sich

Ich halte mich für einen überdurchschnittlich humorigen Menschen, lache gern mit anderen Menschen und über sie. Über mich auch gelegentlich. Mit meiner Begleitung lachte ich nicht so häufig. Über sie auch nicht offen.

Am Tag unserer Ankunft war alles noch recht schön. Wir spazierten ein bisschen durch Rom. Sie war etwas zögerlich beim Überqueren der stark frequentierten Straßen. Ich dagegen hatte schnell begriffen, dass nur ein entschlossener Blick und ein beherzter Schritt nach vorn die Autos zum Anhalten anhielten.

Anfangs scholt sie mich dafür. Später war sie weit entschlossener und beherzter als ich. Aber dafür kamen andere Konflikte.

Ich laufe gern durch fremde Städte. Schaue, staune, laufe weiter. Bereits am ersten Abend ließ sie erkennen, dass sie dem körperlich nicht ganz gewachsen sein könnte. Aber schlimmer wurde es erst am nächsten Tag.

Da hatte ich Geburtstag. Ein Fakt, den sie wohl kannte, der jedoch nicht zu einem freundlichen Wort oder einer netten Geste führte. Kein "Na denn mal alles Gute", kein "Happy Birthday". Ich bekam an diesem Tag rund 20 SMS-Grüße und etwa 10 Glückwunsch-Anrufe. Nur meine Begleitung ignorierte den Fakt ganztägig.

Stattdessen gleich Streit am Frühstückstisch. Sie möchte einmal Grundschullehrerin sein. Weil Kinder so rein seien und so ehrlich. Und weil sie damit so viel Gutes für die Kinder tun könne.

Ich hatte zwei Gegenthesen. Wenn Kinder Schokolade oder anderweitige Ziele durchsetzen wollen, dann lügen sie auch, dass Balken brechen. Nichts von Reinheit und Ehrlichkeit. Und andererseits halte ich die Einflussmöglichkeiten von Grundschullehrerinnen und –lehrern auf die Erziehung von Kindern für weitaus geringer als sie. Sie können nicht vollends gegen das Elternhaus anerziehen.

Diese Thesen passten ihr nicht. Sie fauchte mich recht unflätig an, ob man solche Diskussionen schon am Frühstückstisch führen müsse. Freundlich fand ich das nicht.

Sie ging dann an den anderen Tagen allein frühstücken. Ich duschte derweil, trocknete, schaute MTV Italia und aß Schoko-Kekse. Das fand ich netter.

Nachdem wir den Tag über durch Rom spaziert waren, wäre ich abends gern etwas essen gegangen. War ja mein Geburtstag. Aber ihr taten die Füße schrecklich weh. Ich ging dann allein ein bisschen spazieren und bestellte bei McDonalds Pommes auf italienisch. Sie blieb im Hotel und guckte "Die Camper".


Das Prokrustesbett

Das alles passte nun hinten und vorn nicht, was nichts daran änderte, dass wir noch drei gemeinsame Tage vor uns hatten. Zwei Tage später erklärte sie mir dann, dass dieses ewige Rumgelaufe und Gegaffe nun wirklich nicht ihre Art sei, Urlaub zu machen.

Dann doch lieber Club-Urlaub in der Türkei mit Baden und Tischtennis. Sie sagte viele dumme Sachen in diesen Tagen. Über Männer, die Zukunft und das Leben als solches.

Ich fand das bemerkenswert. Es schien, als sei ihr Leben im Kopf schon fertig konstruiert. Inklusive der Familie. Was insofern erstaunlich ist, als dass sie noch nie eine Beziehung geführt hat. Sie wartet nämlich auf den perfekten Mann, mit dem sie dann gleich die perfekten Kinder bekommen und das perfekte Leben führen kann.

Ich dachte immer, es wäre gut, vorher ein bisschen rumzuprobieren. Aber sie hörte sowas nicht gern. Deswegen sagte ich irgendwann auch nichts mehr. Ich lief, hörte ihr zu und lächelte in mich hinein. Es gab kein Entrinnen und ergo nur einen Weg: Darüber hinweg lächeln.

Auch als sie mich anschnautzte, als ich aus einer Kirche nicht sofort wieder rauskam, sondern mich kurz setzte oder als ich in einem überfüllten Restaurant zu einem anderen Tisch hinüber schaute, um zwei deutsche Teenies beim Anbändeln zu beobachten und süß zu finden. Auch als sie mich anblaffte, wir würden den Weg zurück ins Hotel nie pünktlich zurückfinden. Das war 15 Minuten bevor wir am Hotel ankamen. Ich hatte eine gute Orientierung. Oder als Sie eine halbe Stunde in einer Parfümerie verbrachte um zwischen zwei Düften zu entscheiden und die Preise zu vergleichen. Jeweils eine halbe Stunde. In vier Parfümerien. Und auch, wenn sie erzählte.

Es erstaunt mich immer wieder, wenn jugendliche Einfältigkeit und Unerfahrenheit auf Alterssturheit treffen – in einem Menschen. Sie hat so klare Vorstellungen davon, wie die Welt funktioniert. Aber keine Ahnung davon und keine Neugier, diese Welt in ihrer Tatsächlichkeit zu entdecken.


Epilog

Man kann wohl sagen, meine Begleitung sei ein Desaster gewesen, ohne rechtmäßig der Übertreibung bezichtigt werden zu können. Erstaunt hat mich an dieser Geschichte vor allem eines: Meine vollkommene Gelassenheit. Ich war nur zweimal an der Schwelle zur Aufregung entlang geschrammt. Hatte aber jeweils noch die Kurve bekommen. Eigentlich lächelte ich die ganze Zeit. Und manchmal grinste ich. Es waren tatsächlich schöne, erholsame Tage.

Die Stadt war sehr entspannend. Aber darüber schreibe ich ein anderes Mal.


01:47 Uhr von sebasLink10x mitgegeplaudertMitplaudern






 
Hm,
gegrinst hab ich nun, ehrlich gesagt, auch. So schade das natürlich irgendwo ist, so lustig (geschrieben) ist es doch auch. Ehrliche Bewunderung für diese Gelassenheit. Tja, Herr Sebas, da müssen se das nächste Mal doch mich mitnehmen ;-) *lol

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Puh,...
kann ich da nur sagen. Und Respekt: Ich wäre sicher nicht so entspannt gewesen!

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Ich hoffe,
dein nächster Urlaub wird ebenso entspannt wie dieser aber begleitungstechnisch erfolgreicher! :-)

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Wenn ich meine Gelassenheit demnächst mal wieder vermisse, weiß ich, wo ich sie suchen muss ;o)
Willkommen zurück, und alles Gute nachträglich.

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Hoppsala,
wie nachlässig von mir, stimmt ja, der Herr Sebas ist ja im Urlaub ein Jahr älter geworden. Glüxwunsch! ;-)

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Respekt
Ich hätte wohl den schmalen Grad zwischen Beherrschung und Explosion ohne weiteres (gern) überschritten.
Zum einen: Club Urlaube sind witzlos. Egal wo man ist, ist doch eh überall dasselbe.
Zu einem schönen Urlaub gehört es nunmal dazu, durch die Strassen zu bummeln, die Stadt zu erkunden, manchmal auch etwas abseits der typischen Touristenstrecken, denn nur da bekommt man einen richtigen Eindruck von Land und Leuten. Und dafür verreist man nunmal (abgesehn von der Erholung *g*).

Zum anderen:
Was sind denn das für weltfremde Anschauungen den Beruf und Einfluss der Grundschullehrerin gegenüber?! Mal ganz abgesehn von der absoluten Reinheit der Kinder. Schonmal die Augen geöffnet und gesehn, wie die Kinder heutzutage oftmals drauf sind? Kleine verwöhnte Bälger, die alles tun würden, um ihren kleinen Dickkopf durchzusetzen.
Ich wette, sie hat bisher noch NIE irgendwie mit Kindern gearbeitet. Sie soll mal vier Stunden am Stück versuchen Kindern Hausaufgabenhilfe o.ä. zu geben und DANN reden wir weiter.
Man sollte sich vorher schon so etwas wie einen Eindruck verschaffen, bevor man so einen Mist von sich lässt.

Wie man sieht, könnt ich mich stundenlang drüber aufregen...Aber genug davon, hauptsache ist doch, dass du ein wenig was von Rom gesehn hast. Gut, es hätt angenehmer sein können, aber trotzdessen bist du mir voraus:
Ich war noch nicht, will aber noch immer nach Rom *g*

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Meeeeeeeeeeeensch!!!
Hättste mich gefragt... alles wäre anders gewesen lolll

Ich liebe es, in einer Stadt herumzulaufen und zu gaffen, andere Leute zu beobachten, über mich und andere zu lachen, extra krasse Gegenthesen aufzustellen, das Leben zu geniessen, und ach ja, und ich kann ziemlich gut italienisch!

Im Ernst: was Du da beschrieben hast, ist ja grauenvoll... dafür die Theorie zu Kinder und Schokolade absolut perfekt. Ich hoffe natürlich, dass Dir Rom trotzdem so gut gefallen hat wie mir!

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Danke.
Danke für die Glückwünsche und danke auch für das Mutmachen, die Tugend Gelassenheit weiter zu pflegen. ;o)

Und wie es aussieht, machen wir nächstes Mal eine lustige Gruppenreise, was?

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Ha ha,
und Du als Hahn im Korb, was? ;0)

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Fein.
Au ja!! Bei der Gruppenreise komme ich auch mit. Und danach geht´s auf lustige Lesetour durch die Blogs ... sehen, wie es die einzelnen so verkraftet haben. Und noch danach versöhnen wir uns, schreiben alle miteinander ein Buch darüber, machen eine TV-Show und werden reich und berühmt, und müssen nie nie wieder Reisen zum Schnäppchenpreis ein Jahr im voraus buchen!

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